Freitag, 9. Mai 2014

was die letzten Jahre geschah... Teil 2

Wie bereits erwähnt arbeitete ich sehr viel in den Semesterferien letzten Sommer. Ich machte jeden Tag Überstunden und hatte oft einen 10 Stunden Tag und das 6 Tage die Woche. Es war sehr stressig. Mein Körper machte sich daher bemerkbar. Ich hatte oft Kopfschmerzen, war müde und hin und wieder überkam mich eine Übelkeit. Ich ging daraufhin zum Arzt und dieser meinte nur, dass das stressbedingt sei, verschrieb mir Tropfen gegen die Übelkeit und verordnete mir Ruhe. Ich nahm mir einige Tage frei, aber es wurde nicht besser. Weiterhin kam hinzu, dass ich meine Monatsblutungen nicht bekam. Ich schob dies immer auf den Stress, machte zur Vorsicht aber einen Schwangerschaftstest. Dieser war negativ, was für mich klar war, denn schließlich hatte J. alles sehr schnell abgebrochen, sodass eine Schwangerschaft völlig ausgeschlossen war.
In meiner letzten Arbeitswoche Mitte September wurde meine Übelkeit schlimmer, ich musste mich mindestens ein Mal am Tag übergeben und war total ausgebrannt. Zurück in meinem Studienort machte ich zur Vorsicht einen Termin bei meinem Frauenarzt. Trotz des negativen Schwangerschaftstests und des Gedanken, das es rein logisch gesehen gar nicht möglich ist, ging ich mit einer ziemlichen Nervosität zum Arzt. Im Wartezimmer überkam mich die Angst, was sein würde, wenn ich tatsächlich schwanger wäre. Würde J. noch mit mir reden? Wie würde er reagieren? Was würde ich dann tun? Würde ich das Kind behalten wollen? Im Behandlungszimmer bekam ich dann einen Schock: ICH WAR SCHWANGER! Ich sah auf dem Ultraschallbild mein Kind. Ich brach in Tränen aus. Ich konnte es einfach nicht fassen. Es war doch gar nicht möglich! Als der Arzt mich ernst ansah, bekam ich einen zweiten Schock: Ich war bereits in der 13. Schwangerschaftswoche! Wie gelähmt verließ ich die Arztpraxis und setzte mich in den Bus zurück zu meiner WG. Meine Gedanken kreisten nur um eine Sache: Wenn ich bereits in der 13. Woche bin, was mache ich jetzt? Eine Abtreibung in Deutschland ist nicht mehr möglich!
Für mich war sehr schnell klar, das ich das Kind nicht behalten wollte. Ich befand mich mitten im Studium, hatte keinerlei Ersparnisse oder finanzielle Möglichkeiten ein Kind zu ernähren und J. würde niemals ein Kind wollen. Am selben Abend fasste ich meinen ganzen Mut zusammen und rief J. an. Erstaunlicherweise nahm er die Information sehr sachlich und entspannt auf. Ich hatte befürchtet er würde mich beschimpfen und kein Wort mehr mit mir reden. Er machte mir aber direkt klar, dass das Kind auf keinen Fall zur Welt kommen darf. Er wollte kein Vater werden. Er wollte keine Verpflichtungen haben. Er schaute direkt im Internet nach Kliniken in Holland und wir einigten uns darauf uns darüber näher zu informieren.
Ich habe in der Zeit kaum geschlafen, ich habe nur im Bett gelegen, nachgedacht, mir vorgestellt wie es wäre ein Kind großzuziehen. Ich glaube ich habe bis heute nie richtig realisiert, dass ich schwanger war. Ich war zwei Wochen wie in Trance. Das einzig Gute an dieser Situation war, dass J. und ich jeden Tag stundenlang telefonierten. Er schaffte es mich immer wieder aufzubauen. Es gab auch Tage an denen wir uns stritten und nicht einig waren, da ich kurze Zeit durchgespielt hatte, wie es wäre das Kind zu behalten. Er war völlig außer sich und stellte mich vor eine Entscheidung: er oder das Kind! Das mag jetzt hart klingen und ich war auch zuerst schockiert und enttäuscht, aber ich konnte es verstehen. Er wollte auf jeden Fall verhindern, dass ich das Kind bekomme.
J. und ich entschieden uns dann für eine Klinik nahe Amsterdam und ich machte dort einen Termin. Mitte Oktober fuhr ich dann erst zu J. nach Hause. Ich übernachtete dort, da wir bereits morgens um 5 Uhr losfuhren. Es war komisch zwischen uns, er wollte keinen Körperkontakt, er ging auf Abstand. Ich glaube, dass ihm der Gedanke, dass ich ein Kind in mir trug, Angst machte und ihn abschreckte. Trotzdem genoss ich die gemeinsame Zeit so gut es ging. Obwohl die Situation beklemmend und unschön war, lachten wir viel und verstanden uns gut.
In der Nacht schlief ich kaum. Ich war jedoch nicht nervös wegen des bevorstehenden Eingriffs, sondern ich konnte nicht schlafen, weil J. neben mir lag. Ich sah ihm beim Schlafen zu und hätte mich so gerne an ihn gekuschelt, aber ich wollte die Situation nicht ausnutzen, da ich wusste er konnte meine körperliche Nähe gerade nicht ertragen.

 Fortsetzung folgt...

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